Streuobstwiese
Dass der Apfel kein europäisches Obst ist, ist hinlänglich bekannt. Die Vorfahren unseres heutigen Apfels stammen aus dem Kaukasus und Kleinasien. Jedoch wissen die wenigsten, dass wir die Entwicklung des Obstbaus in Deutschland den Klöstern und Orden verdanken. Viele Namen alter Apfelsorten - Paterapfel, Klosterapfel, Glockenapfel, Cardinalsapfel - zeugen davon..
Der Apfel schmeckt nicht nur lecker, er ist auch gesund, ein Energieträger und Durstlöscher zugleich. Unter der Schale eines Apfels stecken eine Vielzahl an Mineralien (Kalium, Magnesium, Calcium, Phosphor, Eisen) und Vitaminen (A, B1, B2, C und E1). Allein das für unser Immunsystem so wichtige, Vitamin C schlägt bei einem mittelgroßen Apfel mit 12 mg zu Buche. Die im Apfel enthaltenen Ballaststoffe sind natürliche Darmregulatoren, das enthaltene Pektin hat eine cholesterinsenkende Wirkung und die Säuren und Gerbstoffe wirken entzündungshemmend und antibakteriell. Phenole und Carotinoide wirken vorbeugend gegen Herz-Kreislauf- und Krebs-Erkrankungen. Äpfel kräftigen das Zahnfleisch, hemmen die Bildung von Zahnstein, sind gut für einen ruhigen Schlaf und fördern die Konzentration.
Der Apfel ist also aus gutem Grund - nach wie vor - das beliebteste Obst der Deutschen. In 85 von 100 Haushalten wird er regelmäßig gegessen. Das entspricht einem Pro-Kopf-Verbrauch von 34,6 kg pro Jahr - Tendenz steigend.
Allerdings bekommen wir in den deutschen Supermärkten gerade einmal 20 Apfelsorten zu kaufen (u.a. Boskop, Cox, Golden Delicious, Jonagold, Granny Smith, Elstar, Gala, Gloster). Nach Angaben von Pomologen gedeihen jedoch etwa 3.000 verschiedene Apfelsorten auf Deutschlands Streuobstwiesen.
Dass wir nur noch 20 Apfelsorten - blankpoliert und in Einheitsgröße - in den Supermärkten kaufen können, liegt an der Sortenvereinheitlichung und an einem veränderten Verbraucherverhalten. Viele Menschen erwarten beim Kauf von Äpfeln eine große Menge für möglichst wenig Geld. Folgerichtig hat sich der Erwerbsobstbau darauf konzentriert, schnell wachsende und leicht zu erntende Apfelsorten anzubauen.
So ist es nicht verwunderlich, dass ca. 200 wohlschmeckende Apfelsorten in Vergessenheit geraten sind, weil kein Mensch deren Namen und Herkunft mehr kennt. Dabei handelt es sich um Apfelsorten, die besser schmecken und teilweise länger lager bar sind. Die Begründung, warum alte Sorten besser schmecken, ist so simpel wie logisch - nicht industriell geerntet und genau richtig ausgereift. Vor fünfzig Jahren gab es in Deutschland noch 1,5 Millionen Hektar Streuobstwiesen. Nach Schätzungen des Naturschutzbundes Deutschland e.V. (NABU) gibt es heut kaum mehr als 300.000 Hektar Streuobstwiesen. Selbst wenn man die rund 70.000 Hektar Obstplantagen hinzurechnet, ist ein | |
enormer Verlust an geschützten Lebensräumen - mit der höchsten biologischen Vielfalt - zu verzeichnen.
Auch in Leuenberg gibt es eine alte Streuobstwiese, die direkt am alten Zander-Hof (heute Ferienhof am Gamengrund), inmitten des Landschaftsschutzgebietes (LSG) Gamengrund liegt. Das hüglige Land und der tiefe Einschnitt des Gamengrundes verleiht dieser Streuobstwiese einen hohen ästhetischen Wert. Sie ist zweifelsohne eine der schönsten Streuobstwiesen im Land Brandenburg. |
Hier wachsen u.a. Obstbäume der Sorten: Strahls Winterprinz (1845), Harbert´s Reinette (1830) und Jakop Lebel (1825). Diese alte Streuobstwiese gehört zum BIOLAND-Hof Ralf Behring und wird nach Bioland-Richtlinien bewirtschaftet.
Die Mitglieder der NATURWACHT Gamengrund e.V. und der BIOLAND-Hof kamen 2002 überein, dass man dieses kulturhistorische Erbe nicht nur erhalten, sondern auch weiter ausbauen sollte. |
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So wurde 2003 die erste Bereitschafts- und Duldungserklärung zwischen dem Vorstand der NATURWACHT Gamengrund e.V. und den Flächeneigentümern - für die Dauer von 25 Jahren - unterzeichnet. Damit war der Weg für die geplante Erweiterung der Streuobstwiese frei. Im Januar 2004 konnte Karolin Minkner von der GeoVita für die Planung zur Erweiterung der Streuobstwiese gewonnen werden. Die umfangreichen Antragsunterlagen zur Anteilsförderung dieses Projektes wurden im März 2004 an die StiftungNaturschutzFonds Brandenburg eingereicht.
Für die StiftungNaturschutzFonds Brandenburg liegt ein Schwerpunkt der Arbeit in der landesweiten Förderung von Naturschutzprojekten. Für eine qualifizierte Fördermittelbeantragung hat die StiftungNaturschutzFonds Brandenburg eine Förderfibel erarbeitet.
Im Juli 2004 wurde dem Vorstand der NATURWACHT Gamengrund e.V. die Zuwendung für die Anlage der Streuobstweise durch den Geschäftsführer der StiftungNaturschutzFonds Brandenburg, Herrn Dr. Bernhard Schmidt-Ruhe übergeben. Die Mittel wurden aus Ersatzzahlungen gemäß § 15 des BbgNatSchG zur Verfügung gestellt. |
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Nach der Ausschreibung der Leistungen, konnte im Dezember d.J. mit den ersten vorbereitenden Maßnahmen für die Pflanzung begonnen werden und im März 2005, nach der Frostperiode, war es dann soweit - 150 Bäume wurden auf einer Fläche von 1,5 ha gepflanzt. 118 Apfelbäume (u.a. Roter Eisenapfel, Himbeerapfel, Rheinischer Bohnapfel), |
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14 Birnenbäume (u.a. Köstliche von Chameu), 10 Pflaumenbäume (u.a. Anna Späth) und 8 Kirschbäume (u.a. Burlat).
Die intensive Pflege - Freihaltung der Baumscheiben und Bewässerung - durch die Mitglieder der NATURWACHT Gamengrund e.V. führte zu einer sehr guten Entwicklung der gepflanzten Bäume. Für die natürliche Mäusebekämpfung wurden Sitzkrücken gebaut und aufgestellt. |
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Der wunderschöne Anblick der im Frühjahr blühenden Bäume, in einer einzigartigen landschaftlichen Umgebung, war der Ansporn für ein weiteres Pflanzprojekt.
Erneut konnte Karolin Minkner für die Planung gewonnen werden, und im März 2007 nahm der Vorstand der NATURWACHT Gamengrund e.V. den zweiten Zuwendungsbescheid vom Geschäftsführer der StiftungNaturschutzFonds Brandenburg entgegen.
Erneut wurden die Leistungen ausgeschrieben. Nach Auftragsvergabe wurden wurden die vorbereitenden Maßnahmen von Oktober 2007 bis Februar 2008 durchgeführt. Aufgrund der ungünstigen Witterungsbedingungen und der Einbringung eines Wühlmausschutzdrahtes, bei jedem gepflanzten Baum, erstreckte sich die Pflanzung von März bis Mitte April 2008. Erneut wurden 150 Bäume auf einer Fläche von 1,5 ha gepflanzt. Bei dieser Pflanzung wurden ausschließlich Apfelbäume gepflanzt (u.a. Adersleber Kalvil, Gewürzluike. Harberts Renette, Kaiser Wilhelm, Kassler Renette, Roter Trierer Weinapfel).
Auch diese zweite Pflanzung stand von Anfang an unter einem guten Stern. Die “Wetterfee” des Rundfunks Berlin Brandenburg (RBB), Ulrike Finck pflanzte mit den Mitgliedern der Naturwacht Gamengrund e.V. zwei Bäume und sorgte anschließend für das richtige Wetter - Regen. | |
Welchen hohen Stellenwert man der Arbeit der Mitglieder der Naturwacht Gamengrund außerhalb Leuenbergs beimisst, wurde deutlich, als das Streuobstkataster Brandenburgs - von der Humboldt-Universität zu Berlin erarbeitet - im September 2008 in Leuenberg öffentlichkeitswirksam vorgestellt wurde. Zahlreiche Vertreter aus Ministerien, Ämtern, öffentlichen Verwaltungen und Hochschuleinrichtungen konnten die Ergebnisse und den Anwendungsbezug des Streuobstkatasters auf einer der erfolgreichsten Streuobstanpflanzungen des Landes Brandenburg diskutieren. |
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Seit diesem Tag hat die Streuobstwiese zwei neue und begeisterte Unterstützer. Dr. Lutz Grope und Werner Pfannenstiel - bis zu ihrer Pensionierung Mitarbeiter des Bundessortenamtes, Prüfstelle Marquardt (BSA) - erklären und zeigen die Notwendigkeit einer guten Pflege von Obstbäumen. Die kostenlosen Seminare “Obstbaumschnitt” sind auf der Streuobstwiese immer gut besucht. Beide Pomologen haben, durch ihr hohes fachliches Wissen und Können, so manchem Teilnehmer die Rückbesinnung auf die alten - geschmacklich nicht zu überbietenden - Sorten deutlich gemacht. |
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Nach der zweiten Pflanzung im April 2008 waren die Mitglieder der Naturwacht Gamengrund e.V. bis Oktober 2009 ausschließlich mit der Pflege der gesamten Streuobstwiese beschäftigt und haben die weitere Entwicklung der gepflanzten Hochstämme beobachtet. Das Gesamtergebnis der beiden Pflanzungen hätte nicht besser sein können und so wurde ein neues Ziel ins Auge gefasst - die zweitgrößte Streuobstwiese des Landes Brandenburg soll in Leuenberg entstehen.
Im November 2009 wurde ein dritter Antrag auf Erlangung von Zuwendungen der Stiftung NaturSchutzFonds Brandenburg gestellt. Nach Eingang der positiven fachlichen Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Märkisch-Oderland konnte unsere Projektantin Karolin Minker wieder tätig werden. Mitte März 2010 lag der Zuwendungsbescheid der Stiftung NaturSchutzFonds Brandenburg (Zweckbeträge der Lotterie GlücksSpirale) auf dem Tisch des Vorstandes. Mit fachkundiger Unterstützung durch Dr. Lutz Grope erfolgte im Oktober die Auswahl der Hochstämme. Nach Ausschreibung und Vergabe der Leistungen wurden im Frühjahr 2011 weitere 100 Bäume auf einer Fläche von 1 ha gepflanzt. Erneut wurden nur Apfelbäume gepflanzt. Die Sorten Alter Hannoveraner, Altländer Pfannkuchenapfel, Brettacher Gewürzapfel und Roter Eiserapfel erweitern u.a. die bestehende Streuobstwiese.
Nach Abschluss dieser vierten Pflanzung stehen 500 junge Hochstämme, 100 Nachpflanzungen (alte Streuobstwiese) und 100 alte Hochstämme auf der zweitgrößten Streuobstwiese des Landes Brandenburg - in Leuenberg.
Derzeitig lassen wir das Projekt Wildobsthecke planen. Wir hoffen, mit der Pflanzung im Frühjahr 2015 starten zu können.
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Wir danken der Stiftung NaturSchutzFonds Brandenburg, der Fachbereichsleiterin Frau Anett Franz, den Projektantinnen Karolin Minkner und Christine von Dulong-Häfner, Dr. Lutz Grope und Werner Pfannenstiel, dem Bioland-Hof Behring sowie allen Helfern und Sponsoren, die zur Entstehung unserer Streuobstwiese beigetragen haben.